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Resozialisierung

Drehtürvollzug

Zwischen Straße und Knast

Die Chance auf ein straffreies Leben sozialer Randgruppen
am Beispiel der Drogen- und Straßenszene

(Bildquelle: Privataufnahme der UHA in Hamburg)

Der „Drehtürvollzug“1 beschreibt im Strafvollzug das Phänomen einiger Menschen, die scheinbar zwischen den Gefängnismauern und dem Leben in Freiheit pendeln. Nach einer vollendeten Haftstrafe sollen Menschen sich straffrei in der Gesellschaft bewegen, doch dies gelingt nicht jeder Person. Insbesondere Personen, die sich bereits vor der ersten Inhaftierung in einer prekären Lebenslage befanden und nach der Haft wieder auf der Straße landen, kehren häufig durch erneute existenzsichernde Vergehen oder Drogenbeschaffungskriminalität in die Haftanstalt zurück. Sie befinden sich in der Drehtür zwischen Knast und Straße. So betrifft der Drehtürvollzug beispielweise Personen, die eine Suchterkrankung bei gleichzeitiger Mittellosigkeit aufweisen und im Rahmen von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz oder auch durch Beschaffungskriminalität wiederholt ins Gefängnis einkehren müssen. Die Ersatzfreiheitsstrafen2 seien hier angeführt, denn gerade mittelose Menschen sind von ihnen betroffen.

Wer also vor der Haft mittellos dastand, wie wohnungslose Menschen, wird durch die doppelte Stigmatisierung (Obdachlos/Straftäter:in) eine Chancenungleichheit in der gesellschaftlichen Bewertung und im Umgang erfahren – kann nicht auf die gleichen Ressourcen zurückgreifen wie Personen die sich bereits vor Haftantritt durch eine sozial angesehenen Stellung behaupteten. Das Alltagswissen, die Handlungsspielräume und Beziehungen unterscheiden sich stark. Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht bleiben sie weiterhin Teil einer Randgruppe und kehren dort ein, wo sie angenommen werden: In den alten Bekanntenkreis, die „Straßenfamilie“ oder Angebote der Obdachlosen- und Suchthilfe.

In der Obdachlosenhilfe konnte ich beobachten, dass über die (erneute) Inhaftierung von wohnungslosen Menschen mit einer gewissen Neutralität gesprochen wurde. Die Information darüber, dass Personen in Haft seien wurde ganz beiläufig in Zwischengesprächen übermittelt. Sie stellen eine Alltäglichkeit dar.
Die Aussicht auf eine Lebensveränderung im Rahmen der Haftstrafe wird mitunter von den Mitarbeiter:innen nicht prognostiziert. So zeigt die Erfahrung in der Arbeit mit Menschen des Straßenlebens, dass die Menschen nach der Haft wieder da weiter machen, wo sie aufgehört haben. Wenn auch mit zunächst besseren gesundheitlichen Bedingungen und gegebenenfalls einem Startkapital durch die Haftarbeit.


Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich, doch gleichen wir uns alle bevor wir mit dem Gesetz in Konflikt geraten

Haben wir auch die gleichen Voraussetzungen und Bedingungen für eine straffreie Lebensführung


?

(Bildquelle: Privataufnahme)


  1. Maelicke, Bernd: Das Knastdilemma: Wegsperren oder resozialisieren. Eine Streitschrift, C. Bertelsmann, München 2015.
  2. Diese werden verhängt, wenn Personen ihre Bußgelder/Geldstrafen nicht selbstständig ableisten können und diese in Form von vorab festgelegten Tagessätzen absitzen sollen.