(Bildquelle: Privataufnahme des Feldtagebuchs)
FELDNOTIZEN
„Die Sonne scheint über Hamburg, es sind knapp 30 Grad.
Im Park ist relativ wenig los [Montagvormittag], einige Kleingruppen und Einzelpersonen sitzen auf der Wiese und den parkeigenen Stühlen verteilt. In meinem Blickfeld ist die Untersuchungshaftanstalt (UHA) sowie zwei Personen, die sich „sonnen“. Sie sitzen getrennt voneinander auf jeweils einem Stuhl, sind beide der Sonne zugewandt und damit wenden sie der UHA den Rücken zu. Vorbeigehende Personen blicken nicht zu den Mauern, ihre Blicke bleiben im Parkgelände, auf den Boden gerichtet oder sie sind in ein Gespräche vertieft, sodass die Gesprächspartner:innen sich gegenseitig anschauen.
Die Fenster, die ich an der Untersuchungshaftanstalt sehen kann, sind geschlossen. Das Sonnenlicht spiegelt sich in den Fensterscheiben. An einigen Fenstern kann ich geschlossene Vorhänge erkennen. Es sind dunkelrote Gitterstäbe vor den Fenstern. Das Gebäude liegt still vor mir und es regt sich nichts. Umgeben von einer etwa fünf Meter hohen Steinmauer mit NATO-Draht-Topping und einem weiteren Drahtzaun, ebenfalls mit Stacheldraht am oberen Ende darauf, folgt noch eine zwei Meter hohe, rote Backsteinmauer. Sonst trennt mich nichts von der Untersuchungshaftanstalt. Wären die Fenster geöffnet, könnten wir, die Insass:innen und ich, die gleiche Luft atmen.
Hinter dem Untersuchungshaft-Gebäude ragt prunkvoll der Fernsehturm in die Höhe.
Es ist sehr still um mich herum. Ab und zu höre ich einige Gesprächsfetzen aus der Ferne, vorbeifliegende Vögel und das monotone Gebrumme der Autos auf der nahegelegenen Straße.
Es riecht nach Sommer, Blumendüfte erreichen meine Nase sowie der Duft der Sonnencreme, welche ich selber aufgetragen habe.
Es ist 14:45 Uhr. Ich habe Hunger und verlasse die Szenerie im Park. Die Untersuchungshaftanstalt bleibt, genau wie ihre Insass:innen.
Teilnehmende Beobachtung vom 15.06.2020 im Planten un Blomen Park
in der Hamburger Innenstadt mit Blick auf die Untersuchungshaftanstalt (Holstenglacis 3).
(Bildquelle: Privataufnahme des Feldtagebuchs)