Methoden

Forschen zu Zeiten von COVID-19

Das Seminar zum Forschenden Lernen unter dem Thema „In der Öffentlichkeit stehen – Erfahrungen gesellschaftlicher Teilhabe“ begann für alle Beteiligten in einer ungewohnten Form. Der Virus SARS-CoV-2 hat die Welt im Griff und das Seminar fand von Anfang bis Ende komplett digital statt. Sowohl die Forschungen als auch der Aufbau der Website entstand dabei durch Fernlehre. Alle Student:innen, welche Teil des Projekts sind, haben dabei neue Hürden auf sich genommen, neue Möglichkeiten ausgeschöpft und eine etwas andere Art des Forschens erlebt.

Während sich das Forschungsthema mit „Öffentlichkeit“ beschäftigt, hat sich unser aller gesellschaftliches Leben größtenteils auf die eigenen vier Wände reduziert. Dies spiegelte sich unter anderem durch Schwierigkeiten bei der Forschung wider und eröffnete uns aber auch neue Perspektiven auf den Begriff „Öffentlichkeit“ und den Umgang mit Öffentlichkeiten.

Die Studierenden haben über sich über den virtuellen Raum „Microsoft Teams“ zusammen gefunden und sowohl im Plenum als auch in Kleingruppen sich ausgetauscht und gearbeitet. Das Zusatzseminar „Digital Storytelling“ wurde ebenfalls digital durchgeführt und war Grundlage für die Entwicklung und Gestaltung der eigenen Website sowie der Auseinandersetzungen mit Chancen und Barrieren der digitalen Forschungswelt und als Repräsentationsform der eigenen Ergebnisse.

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Interviews

Bei allen Interviewformen handelt es sich um künstlich herbeigeführte Gesprächssituationen, die von einer asymmetrischen Beziehung zwischen Forscher:in und Interviewten geprägt ist. Zudem sind sie lediglich im groben Ablauf planbar, zugleich aber kontingent und unvorhersehbar1.

Das narrative Interview zeichnet sich durch eine starke Orientierung am Interviewten und deren Erzählungen aus, wodurch eine Vorstrukturierung der Fragen nicht zielführend wäre. Es beginnt meist mit einer offenen Fragestellung und zielt darauf ab, dass der:die Interviewte von sich und seiner:ihrer Geschichte erzählt. Nach der Stehgreiferzählung werden Nachfragen gestellt.  

Das Leitfadeninterview zeichnet sich, wie der Name schon vermuten lässt, durch die Strukturierung anhand eines Interviewleitfadens aus. Der Strukturierungsgrad kann stark variieren, jedoch gilt es immer die Balance zwischen Offenheit und Strukturierung zu finden2.Der Leitfaden gilt dabei nicht als eine feste Handlungsvorgabe, an die man sich eins zu eins halten muss, sondern als inhaltliche Stütze, Orientierung und Strukturierungshilfe, die sich an die jeweilige Interviewsituation anpassen kann. Während des Interviews liegt der Fokus auf der interviewten Person, der:die Forschende nimmt sich also zurück und dient vor allem zur Aufrechterhaltung des Gesprächsflusses durch Nachfragen und Erzählimpulse. 


Kulturwissenschaftliche Inhaltsanalyse

Diese Methode widmet sich der Analyse von Textelementen, um die Einbettung von Akteur:innen sowie Handlungen im Kontext des eigenen Forschungsfeldes herauszuarbeiten. Dabei können anhand von archivalischen Quellen, Berichterstattungen, Bildern, Texten der populären Medien oder auch Mitschriften von Gesprächen und Werbeanzeigen, die jeweiligen kulturellen Symboliken und Deutungsmuster aus dem Inhaltlichem sowie der Darstellungsform gedeutet werden. Durch die vielfältigen Textmaterialien sind auch die Orte und Zugänge des Feldes divers. Wir können uns für die kulturwissenschaftliche Inhaltsanalyse sowohl in Archive, auf die Straße, in die Bibliothek, vor den Fernseher als auch in den digitalen Raum begeben, um Textelemente unseres Interesse aufzuspüren.

Die kulturwissenschaftliche Inhaltsanalyse ist eine Auswertungsmethode, die die diversen hierarchisch geschichteten Bedeutungen eines Textes expliziert und die dominante Bedeutung designiert, um daraus Schlussfolgerungen auf die Funktion/en des Textes im Lebensprozess einer Gesellschaft zu ziehen

Stefan Bauernschmidt3

Teilnehmende Beobachtung

Bei der teilnehmenden Beobachtung handelt es sich um eine sozial-wissenschaftliche Methode der Feldforschung. Das Ziel der Forscher:in ist es, durch Beobachtungen Informationen über das Verhalten, Handelungsmuster, Umgangsweisen oder das Auftreten von einer oder mehreren Personen innerhalb eines vorher definierten Feldes zu erlangen. Je nach Forschungsvorhaben gibt sich die Forscher:in klar zu erkennen oder macht die Beobachtungen verdeckt, gibt also die Forschung nicht bekannt. Zu den Begründern der Methode zählt der polnische Sozialanthropologe Bronislaw Kaspar Malinowski. Ihm war es wichtig, dass Phänomene nicht nur historisch erläutert wurden – sondern deren Funktionen durch einen alltäglichen Bezug erklärt werden konnten. Diesen alltäglichen Bezug erhalte man durch die eigene Teilnahme an dem Geschehen innerhalb einer (kulturellen/ sozialen) Gruppierung, dem Forschungsfeld. 

Eine Kritik an der teilnehmenden Beobachtung besteht darin, dass sie wenig Theorie beinhalte. Denn das Vorgehen der forschenden Person ist nicht strikt vorgegeben, sondern umfasst ein breites Feld an Möglichkeiten. Nichtsdestotrotz bietet die teilnehmende Beobachtung eine gute Möglichkeit für einen ersten Zugang zum gewählten Feld. 

Welche Fragestellungen richte ich an die Textelemente?

Wohin mit den Eindrücken der teilnehmenden Beobachtung?

  • Welche sprachlichen/ visuellen Codes und Symboliken gehen aus dem Text hervor?
  • Welches Wissen wird weitergegeben und welches vorausgesetzt?
  • Wie wird die Sinngebung von Handlungen beschrieben?
  • Welche Perspektiven werden dargestellt?
  • Feldtagebuch/ Notizheft
  • Handy-Notizfunktion
  • Diktiergerät, Audioaufnahmen
  • Zeichnung, Fotografien, Videos
  • Gedächtnisprotokoll nach dem Feldaufenthalt
  • Wichtig: Die Dokumentationsform sollte zum Feld passen!

 

  1. Kruse, Jan: Qualitative Interviewforschung. Ein integrativer Ansatz. Weinheim und Basel, 2014. S.229.
  2. Kruse, 2014. S. 150 ff. 
  3. Bauernschmidt, Stefan (2014). Kulturwissenschaftliche Inhaltsanalyse prozessgenerierter Daten. In
    Christine Bischoff, Karoline Oehme-Jüngling & Walter Leimgruber (Hrsg.), Methoden der
    Kulturanthropologie (S.415-430). Bern: Haupt.